WLAN ist optional!

Gestern durfte ich wieder einmal ein Stück Naivität ablegen.

Verwandte baten mich, mal einen Blick, auf ihre Router-Situation zu werfen, da ihr WLAN mit ihrem Kabel-Deutschland Anschluss irgendwie nicht funktioniere. Zusätzlich zum Hitron CVE-30360 (die Produktbezeichnung ist schon ein Hammer :) haben sie noch einen simplen WLAN-Router angeschlossen. Die nette KD-Hotline hat ihnen aber versichert, dass sie, um WLAN benutzen zu können einen Aufpreis von 2€ bezahlen müssten. Ich konnte mir ein Lachen nicht verkneifen und habe mich daran gemacht den Router ordentlich zu konfigurieren. Fassungslos stellte ich dann allerdings fest, dass das keineswegs eine Lachnummer ist. Kabel Deutschland verlangt allen Ernstes:

"Die WLAN-Funktion des Kabelmodems ist für 2 €/Monat zubuchbar"


Und das macht mit dem Hintergrund der seit wenigen Monaten von den Betreibern initiierten und leider viel zu wenig diskutierten Debatte um die Verlegung des Netzabschlusses hinter den in der Wohnung/Haus stehenden Router (genannt: Routerzwang) auch plötzlich viel mehr Sinn. Die Telekommunikationsanbieter haben damit eine weitere bodenlose Goldgrube aufgeschlagen, dessen Tragweite mir bis dato gar nicht bewusst war. Ich kann offenbar immernoch nicht so dreist denken und bin in diesem Zusammenhang noch zu naiv. Bisher nahm ich an, dass die Geldgenerirung durch den Routerzwang maximal durch eine FON-ähnliche Hotspot-Architektur erfolgen wird. Dass die Telekom/KD/etc sobald sie die alleinige Kontrolle über Millionen im ganzen Land verteilten Routern haben, ein neues Opt-Out Produkt schaffen, dass ein kostenpflichtiges zweites WLAN aufspannt und in der Abbestellung 2-5 € im Monat kosten wird. Doch die Erleuchtung mit der 2€/Monat teuren WLAN-Option zeigte mir, wie unendlich die Möglichkeiten sind, wenn man erstmal die Kontrolle über den heimischen Router erlangt hat.

Zukünftig neue, zubuchbare Optionen könnten zum Beispiel sein:

  • Geräteanzahl im Netzwerk
    • 1 Gerät: kostenlos
    • 2-5 Geräte: 2.99€/Monat
    • 5-20 Geräte: 6.99€/Monat
    • 20+ Geräte: nur mit \$Anbieter-Business Tarif möglich
  • eigene WLAN SSID: 0.50€/Monat
  • Druckerserver: 0.99€/Monat
  • IPv6: 1.99€/Monat
  • dynamisches DNS: 1.29€/Monat für eine Domain
  • Port-Öffnung: 9.99€ einmalig pro Port und Ziel (Hotline für 1.99€/min anrufen)
  • Samba-Server: 3.99€/Monat
  • Web-Server: 3.99€/Monat
  • Zugang zum Webinterface für Statistiken: 0.99€/Monat

Sprich: alles, was man bisher mit einem ordentlich konfigurierten Router erreichen konnte, kann bald monetarisiert werden!!

Auch habe ich mich schon gefragt, ob es Zufall ist, dass die Drosselungsdebatte zeitlich sehr nah mit der Routerzwang-Debatte geführt wird. Vielleicht, und das traue ich den Telekommunikationsanbietern mittlerweile tatsächlich zu, vielleicht brauchen sie den Routerzwang um die Drosselung kundenseitig auf dem Router durchzuführen, weil ihre Infrastruktur das nicht hergibt.

Und mit solchen Leuten will unser guter Herr Dobrindt also die digitale Aufholjagd zu Google starten, ja?

Er und sein Ministerium sollten sich lieber das realistische Ziel stellen nicht in 4 Jahren am unteren Ende des europäischen digitalen Fortschritts herunter zu purzeln. Denn wenn Innovation in Deutschland bedeutet, Geld aus vorhandenen Techniken zu erpressen, statt wirklich neue Dinge zu erfinden, dann sieht es wirklich düster für uns aus.


Written by Michael in internet on Sun 12 January 2014.

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